Unser Ausblick für Aktien bleibt konstruktiv
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Ukraine-Russland Krise belastete zuletzt die Anlegerstimmung. Für Gegenwind sorgt seit Jahresbeginn aber auch die hartnäckig hohe Inflation.
Die Teuerungsrate in den Vereinigten Staaten hat im vergangenen Monat unerwartet stark angezogen. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich in den USA gegenüber dem Vorjahr um 7,5 Prozent. Das ist die höchste Inflationsrate seit 40 Jahren. Auch die Kernrate, bei der schwankungsanfällige Energie- und Lebensmittelpreise herausgerechnet werden, legte stärker als erwartet zu. Die Jahresrate kletterte auf 6,0 Prozent.
Die Inflation wurde durch die rasant gestiegenen Energiepreise angefacht. Und auch die durch die Corona-Krise ausgelösten Materialengpässe und Zweitrundeneffekte sorgten für höhere Verbraucherpreise.
Besonders starke Preissteigerungen gab es erneut bei Gebrauchtwagen, die aufgrund der Produktionsprobleme bei Neuwagen weiter stark nachgefragt waren, und sich entsprechend verteuerten. Dazu kommt, dass die Mieten, der wichtigste Posten im Warenkorb, im Vormonatsvergleich den bisher stärksten Anstieg im aktuellen Zyklus aufwiesen. Für eine Verstärkung der Inflation sorgte auch die anziehende Lohn-Preis-Spirale. Die gestiegenen Stellenwechsel, die meist mit höheren Lohnforderungen einhergehen, machen derzeit rund ein Fünftel des Preisanstiegs aus.
Die Inflationsrate lag damit noch deutlicher über dem Ziel der US-Notenbank Fed von zwei Prozent. Die Fed hatte bereits zuvor für den März eine erste Leitzinserhöhung in der Pandemie signalisiert. Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank in diesem Jahr fünf Zinsschritte vornimmt. Auch wenn wir jetzt ein schnelleres Tempo erwarten als noch vor ein bis zwei Monaten, so denken wir immer noch, dass am Ende des Zyklus der Fed-Zins nicht höher als 2 Prozent sein wird. Außerdem dürfte die Fed in der zweiten Jahreshälfte mit dem Abbau ihrer Bilanzsumme beginnen, indem sie fällig werdende Anleihen nicht reinvestiert.
Welche Auswirkungen haben die Zinserhöhungen auf die Aktienmärkte?
Die angekündigten Leitzinserhöhungen der Fed sorgten für differenzierte Kursbewegungen. Die zinssensitiven technologielastigen Indizes mussten Federn lassen. Der Bankensektor hingegen liegt im Plus. Man sollte den Fokus auf die Geldpolitik aber nicht übertreiben. Das konjunkturelle Umfeld bleibt positiv. Die Weltwirtschaft wächst weiter dynamisch und durchläuft gerade einen Hochdruckzyklus. In den Vereinigten Staaten dürfte das Bruttoinlandsprodukt 2022 um 3,7 Prozent zulegen, im Euroraum sogar um 4,1 Prozent. Damit sollten beide Wirtschaftsräume erneut über ihrer Potenzialrate wachsen. Die gute Wirtschaftsdynamik wird von starken Unternehmensbilanzen in der aktuellen Berichtssaison untermauert: Sowohl Airbus als auch Commerzbank vermochten die Anleger zu überzeugen, der Schweizer Nestle-Konzern erwirtschaftete das größte Wachstum in zehn Jahren und in den USA berichtete der Chiphersteller Nvidia über ein Rekordjahr 2021. Geschäftsberichte sind immer noch ein wesentlicher Treiber für die Kursentwicklung, sodass gute Ergebnisse die schwierige Lage des Gesamtmarktes tendenziell auffangen können. Unser Ausblick für Aktien bleibt konstruktiv. Die Ereignisse in der Ukraine werden die Märkte kurzfristig belasten. Die Volatilität wird deutlich ansteigen. Hieraus können sich sehr gute Einstiegschancen ergeben. Wir favorisieren in diesem Umfeld Qualitätsaktien. Das sind substanzstarke Unternehmen mit soliden Gewinnen. Gute Chancen geben wir auch Unternehmen mit Geschäftsmodellen, die von der nachhaltigen Transformation profitieren. Dieser Megatrend steht erst am Anfang und weist überdurchschnittliche Gewinnpotenziale auf.
Steigende Renditen, aber kein „Bond-Crash“
An den Kapitalmärkten gehen wir von einer Fortsetzung des Trends anziehender Renditen bei sicheren Anleihen aus. Wir erwarten bis Ende des Jahres bei zehnjährigen österreichischen Bundesanleihen Renditen von 0,5 Prozent, bei laufzeitgleichen US-Treasuries Renditen von 2,2 Prozent. Mit sicheren Anleihen lassen sich damit keine positiven Realrenditen erwirtschaften. Für Unternehmensanleihen spricht weiterhin die hohe Kreditqualität. Belastend wirken die geldpolitischen Änderungen sowie die abnehmende Liquidität. Wir favorisieren ausgesuchte kurzlaufende hochverzinsliche Papiere.
Ihr

Roland Rupprechter
